Als Bank im Bistum Essen haben Sie den Begriff „Fair Banking“ als zentrale Mission auf die Fahnen geschrieben. Was macht dieses Leitbild innerhalb des Bankenwesens so besonders?
Früher hat man das mal als „ehrbaren Kaufmann“ bezeichnet, was bedeutet, dass man sich seinem Geschäftspartner gegenüber fair verhalten und ihm nichts verkaufen sollte, was man in einer ähnlichen Situation nicht auch für sich selbst in Anspruch nehmen würde. Fair Banking heißt also: fairer Preis und faire Beratung, die am Bedürfnis der Kunden orientiert sind. Wenn ich heute die Bank im Bistum Essen beschreibe, dann als eine Bank mit einer sozial-ökologischen Ausrichtung, die auf einem christlichen Wertefundament fußt. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Banken auch eine soziale Verantwortung haben. Und der kommen wir nach mit Finanzierungen, die im Einklang mit Umwelt- und sozialen Themen stehen, sowie mit unserer Stiftung, mit der wir caritative Projekte unterstützen.
Und es gibt es keinen Konflikt zwischen Renditeorientierung und ethisch, verantwortlichem Banking?
Wir nehmen diese sozialethische Komponente sehr ernst und ich sehe in diesem Engagement auch keinen Gegensatz zur Renditeorientierung. Natürlich ist das Image von Bankern nicht überall das Beste; da bilden wir mit unserem Geschäftsmodell einen Gegenentwurf zu diesem Bild. Wenn wir bei dem konservativen Bild des ehrwürdigen Kaufmanns bleiben, dann wollen wir uns entsprechend auch so im Markt präsentieren und dazu haben wir diesen Claim im Einsatz „Ethik? Rendite? Beides!“.
Wie setzen Sie als Bank diesen Anspruch konkret um? Können sie als kirchennahe, genossenschaftliche Bank in dem Zusammenhang möglicherweise sogar ein Vorbild sein?
Wir sind beispielsweise im Bereich der Mikrofinanzierungen aktiv und refinanzieren weltweit in über 30 Ländern dieser Erde Mikrofinanzinstitutionen. Diese geben dann Kleinstkredite heraus, z.B. an Bauern oder Kleinstgewerbetreibende, damit sie in diesen Ländern ein wirtschaftliches Auskommen haben. Damit leisten wir einen sehr praktischen Beitrag zur Entwicklungsfinanzierung und sind durch unsere selbst gemanagten Mikrofinanzfonds auch durchaus Vorreiter in diesem Bereich. In den letzten 15 Jahren haben wir in jedem Jahr eine Rendite zwischen einem und drei Prozent in diesem Fonds für unsere Anleger erwirtschaftet. Man könnte zwar sagen, dass das nicht viel sei. In Zeiten der Nullzins- oder Negativzins-Phase konnte sich das jedoch durchaus sehen lassen. Und eine Rendit-Maximierung ist beim sogenannten Impact Investing ja auch für die Anleger nicht das primäre Ziel.
Wie stellen Sie die Stabilität dieser Mikrofinanzierungen sicher?
Wir leisten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen, wirtschaftlichen Förderung vor Ort und treffen mit diesem Modell den Nerv vieler institutioneller, aber auch privater Anleger. Und es ist auf jeden Fall ein sehr stabiles Segment, da es auch ein Stück weit entkoppelt ist von der Entwicklung der Aktien- oder sonstigen Kapitalmärkte. Es ist schon ein besonderer und arbeitsintensiver Marktbereich, in dem wir hier aktiv sind. Aber er macht eben auch unsere besondere Expertise aus. Wir haben einen unmittelbaren Kontakt zu unseren Endkunden, also den Mikrofinanzinstitutionen, in den jeweiligen Ländern – ob in Nicaragua, Kolumbien oder im Kosovo. Unsere Expertinnen und Experten informieren sich regelmäßig vor Ort über die Prozesse in den Mikrofinanzinstituten und die Arbeit mit den Endkunden, also den Kreditnehmerinnen und -nehmern. Das ist unser Anspruch an das Mikrofinanzgeschäft und wir sind bis heute die einzige Genossenschaftsbank mit kirchlicher Prägung, die es in dieser Form betreibt.
Sie sprachen gerade von sozial-ethischen Finanzierungsmodellen. Mit Ihrer Fair-Banking-Stiftung kommen Sie dieser Verantwortung ebenfalls nach.
Wir haben als genossenschaftliche Bank den Auftrag, unsere Mitglieder zu fördern und uns mit unseren Finanzierungsleistungen vor allem im sozialen und ökologischen Bereich zu engagieren. Mit unserer Fair Banking-Stiftung unterstützen wir darüber hinaus den caritativen Bereich bei ganz konkreten Projekten. Das ist unser Bekenntnis zu sozialer Verantwortung, dass wir jährlich mit rund 400.000 Euro Spendengeldern bekräftigen. Das Spektrum reicht hier von Anschaffungen wie einem Demenzsimulator in der Altenpflege, der Unterstützung von Kinderherzzentren, von Schulen bei der Anschaffung ihrer digitalen Ausstattung, von Kitas, Hospizen, sozial schwachen Familien und der Förderung von Ausbildungsprogrammen – das alles bundesweit. Außerdem unterstützen wir seit Jahren die Notschlafstelle für Jugendliche der Essener Caritas oder finanzieren das Essener Spatzennest, eine Anlaufstelle für Kinder, die zuhause Gewalt erfahren.
Bildung ist ein zentrales Thema Ihrer Stiftung. Wie unterstützen Sie diesen Bereich?
Auch wenn der Fokus unserer Stiftung vor allem auf dem sozialen und caritativen Bereich liegt, sehen wir uns beim Thema Bildung als Grundvoraussetzung einer sozialen und demokratischen Gesellschaft in der Verpflichtung. Hier zählt für uns insbesondere auch der Aspekt der Teilhabe. Wir haben dazu gerade im letzten Jahr den BIB-Jugend-Zukunftspreis ins Leben gerufen, bei dem Facharbeiten von Oberstufenschülerinnen und- schülern rund um die Nachhaltigkeitsziele der UN mehr Aufmerksamkeit erhalten sollen. In den bisher prämierten Arbeiten wurden zum Beispiel aktuelle Themen wie Wasserstoff als zukünftiger Energieträger thematisiert. Im letzten Jahr hatten wir über 30 Einsendungen, die meisten aus der Region. In Zukunft wollen wir das Projekt noch größer ausrollen.
Viele dieser nun thematisierten Projekte und sozialen Förderungen haben dennoch einen klaren lokalen Bezug. Wie wichtig ist Ihnen das Engagement in der Region?
Das Engagement unserer Stiftung ist keinesfalls regional begrenzt und erfolgt vielmehr bundesweit. Aber wir haben unseren Sitz nun mal in Essen, im Herzen des Ruhrgebiets und spüren allein schon deshalb eine Verantwortung für die Region. Hier können wir auch beispielgebend an Projekten mitwirken, die die gesellschaftliche Verbundenheit und soziale Innovationsfähigkeit dieser Region demonstrieren. Unsere Finanzierungsleistungen im Bereich der Gesundheitswirtschaft, gerade der regionalen, setzen aber Maßstäbe für andere Bundesländer. Wir sind davon überzeugt, dass wir eine leistungsfähige Gesundheitsinfrastruktur in dieser Region brauchen und das Ruhrgebiet mit einer einzigartigen Hochschullandschaft für Spitzenmedizin prädestiniert ist. Und wenn man sich anschaut, wie viele Menschen heute in der Gesundheitswirtschaft im Ruhrgebiet arbeiten, dann übertrifft das die Zahl der einstigen Bergleute um ein Vielfaches. Mit unseren Investments in das Gesundheitswesen leisten wir einen Beitrag dazu, dass der Mensch im Mittelpunkt der Betrachtung von medizinischen Leistungen bleibt. Deshalb sind wir mit den Unternehmen im engen Austausch und stehen auch als Sparringspartner bei Herausforderungen, wie etwa dem Fachkräftemangel zur Seite.
Das klingt – trotz aller weltweiten Aktivitäten Ihrer Bank – nach einer starken Verankerung in der Region.
Und das liegt sicherlich auch am Solidaritätsgedanken, der die Region prägt. Die Menschen hier im Ruhrgebiet sind sehr direkt, sie sind offen und sie sind integrationsfähig. Das entspringt nicht der Romantisierung einer vermeintlichen Bergbaunostalgie, sondern ergibt sich aus den Erfahrungen, die die Menschen der Region eint. Es gibt hier eine verbindende Mentalität, mit der die Menschen sagen: Wir packen an, und wenn jemand in Not ist, dann helfen wir. Und das ohne große Schnörkel. Die Menschen im Ruhrgebiet sind Menschen mit Herz und Verstand. Das macht das Ruhrgebiet aus. Und das passt zu unserer Bank.
Vielen Dank für das Interview!